Daran, dass Abiturienten ihren Schulabschluss in Ballkleid und Smoking feiern, mit einer Limousine zur Location fahren und Foto-Boxen stürmen, habe ich mich fast schon gewöhnt. Zu meiner Zeit tat es zwar die Turnhalle, aber nun ja, die Zeiten ändern sich. An was ich mich in Zeiten von Freitags-Demos für den Klimaschutz nur schlecht gewöhnen kann: Abitur-Party-Reisen nach Spanien, Griechenland oder Bulgarien. Wir sind damals gar nicht weggefahren, sondern haben an der Isar gegrillt. Seit etwa zehn Jahren gibt es nun aber Reisebüros, die dezidiert Abireisen anbieten. Wie ein Veranstalter in einem Beitrag des Münchner Merkur erklärt, setze man für die Klientel aus dem Münchner Umland auf qualitativ hochwertige Pakete. Bloß kein Hotelbunker oder All-inklusive. Die grüne Mittelschicht-Jugend mag es eben exklusiv. Zudem müsse mindestens eineinhalb Jahre vorher gebucht werden, so groß sei die Nachfrage. Die feiersüchtigen Abiturienten sind demnach eine Massenerscheinung. Mein Erklärungsversuch: Medialisierung. Diese jungen Leute haben gelernt, dass jeder Schritt im Leben in ein Event enden muss. Gestern Kindergeburtstag und Musikschulauftritt, heute Abitur, morgen Studienabschluss und Hochzeit. Sie können es sich gar nicht anders vorstellen. Höhepunkte zur Alltagsverknappung müssen her, besonders, außergewöhnlich, exklusiv, originell. Dafür wirft man die eigenen Überzeugungen schon mal über Bord, bekämpft die kurzfristig auftauchende Flugscham. Dabei kann Grillen an der Isar doch so schön sein.