Die Journalistin Antonia Baum hat in der "Zeit" jüngst mit den Edel-Hollywood-Hochzeiten abgerechnet, die selbst emanzipierte, intelligente Frauen sich heutzutage wünschen - und entsprechend zelebrieren. Sie führt diese Praktik auf bis dato virulente Geschlechterhierarchien zurück. Sie glaubt, Frauen seien immer noch darauf angewiesen, geheiratet zu werden, und wenn sie das dann mal geschafft haben, lassen sie es so richtig krachen. Quasi als Erlösungsfest. In einem Punkt gebe ich Baum durchaus Recht: Diese Märchenhochzeiten, die wahlweise "auf einem Landgut in der Toscana" oder "in brandenburgischen Gasthöfen" stattfinden, riechen nach Distinktion. Die Akademiker-Bräute zeigen ihren Mit-Schwestern (und allen anderen Gästen), was sie sich leisten können. Und setzen alle anderen unter Druck, die eigene Hochzeit noch individueller und schicker zu gestalten. Und ja, es mag sein, dass Frauen angesichts des bevorstehenden Bundes in naiven Träumen von der lebenslangen Liebe schwelgen - und drohende Rentenlücken ignorieren. Aber in der Diagnose täuscht sich Baum. Vielmehr zeigen die neuen Praktiken eine Machtverschiebung hin zum weiblichen Pol. So fahren mittlerweile nicht mehr nur die Männer auf Junggesellenabschied - die Frauen haben hier kräftig aufgeholt und ziehen lärmend und saufend durch sämtliche europäische Innenstädte (dazu gibt es bereits wissenschaftliche Arbeiten). Darüber hinaus machen die Männer den Frauen hochoriginelle Heiratsanträge, die dann zum Abruf auf YouTube bereitstehen. Da kniet der Mann regelmäßig vor dem Weib, erniedrigt sich, fleht, bittet - und macht sich vor allem Welt zum ... Denn nur öffentlichkeitswirksam lässt sich Liebe heute richtig leben. Diese Praktik ist - ebenso wie das Hochzeitsfest selbst - ein Ergebnis der Medienlogik, von der Männer und Frauen gleichermaßen verseucht sind. Last but not least: Die Frauen planen und inszenieren die Hochzeit. Sie führen Regie, nicht die Männer. Sie sind an diesem Tag Prinzessin - und der Mann ist Untertan.