Kaum etwas lässt junge Mütter mehr leiden als wenn ihre Babys ihnen einen Strich durch die Rechnung machen. Ich weiß das. Meine ältere Tochter war noch gar nicht geboren, da hat sie mir eine Lektion erteilt. Ich wollte im Sommer, so zirka vier Wochen vor Geburtstermin, meine Bachelor-Prüfung machen. Dazu kam es nicht, denn ich lag schon in der zwölften Schwangerschaftswoche mit Blutungen im Krankenhaus. Mittlerweile ist meine ältere Tochter zwölf Jahre alt, meine Pläne durchkreuzt sie immer noch gelegentlich, aber ich habe mich daran gewöhnt. Es bringt mich kaum noch aus der Ruhe. Junge Mütter dagegen laufen fast Amok, wenn das Baby nicht so will wie sie. Ein Beispiel aus dem Bekanntenkreis: Der elterliche Plan besagte, dass der Vater pünktlich zum Sommer - das Kind war zu dem Zeitpunkt zehn Monate alt - zwei Monate Elternzeit nimmt, damit die junge Familie das schöne Wetter nach Lust und Laune genießen kann. Ein paar Ausflüge, eine kleine Urlaubsreise. Zudem sah der Plan vor, dass die Mutter ein bis zwei Tage pro Woche freiberuflich zu arbeiten anfängt. Der Plan war gut, allein das Baby konnte ihm nichts abgewinnen. Sobald die Mutter sich entfernte, fing es zu schreien an. Den bis dahin vor allem am Wochenende anwesenden (und natürlich nicht stillenden) Vater lehnte es kategorisch ab. Die Fremdelphase dauerte länger als gedacht, die Elternzeit ende im Krampf, was die Mutter an den Rand einer Depression brachte. Warum, so fragte sie sich, gelinge es anderen Frauen, Beruf, Haushalt, Freizeit und Kind unter einen Hut zu bringen. Hier die schonungslose Wahrheit: Niemand schafft das. Aber die auf Perfektionismus und Leistungsgesellschaft getrimmten Mütter wollen uns das glauben machen. Und weil wir uns alle an der Medienlogik orientieren und unser ach so tolles Leben für uns selbst und die anderen inszenieren, machen wir uns und den anderen etwas vor. Besser wäre es, zumindest für das erste Lebensjahr gar keine Pläne zu machen, sondern von Tag zu Tag zu leben. Passt nicht in unsere medialisierte Zeit, wäre aber gesünder. Abschließend soll noch eine für mein Buch befragte Hebamme zu Wort kommen: "Die Mütter von heute wollen Struktur, vor allem die Akademiker-Mütter. Aber dieses Kind hat keine Struktur. Und das halten sie nicht aus und sind unglücklich."