In Sachen: Teilzeitfalle

Schon seit Monaten wird die neue Bundesregierung - allen voran Arbeitsminister Hubertus Heil - nicht müde zu erklären, Frauen (von Männern war wenig die Rede) aus der "Teilzeitfalle" befreien zu wollen. Jetzt gibt es einen entsprechenden Kabinettsbeschluss. Arbeitnehmer erhalten demnach das Recht, von einer Teilzeit- auf eine Vollzeitstelle zurückzukehren. Es mag Angestellte geben, die das freut, z.B. Mütter und Väter, deren Kinder aus dem Haus sind. Ich habe jedoch ganz andere Erfahrungen gemacht. Ich kenne keine einzige Mutter mit Kindern im schulpflichtigen Alter, die freiwillig von einer Teilzeit- auf eine Vollzeitstelle aufstocken möchte. Dafür kenne ich Mütter, die das tun müssen, weil sie das Geld brauchen. Ich kenne Mütter, die nach der Geburt des ersten Kindes mit 20 Stunden wieder eingestiegen sind, dann aber reduziert haben, weil das Kind mehr Fürsorge nötig hatte und sich der Haushalt auch nicht von selbst macht. Ich kenne Mütter, die verzweifelt sind, weil sie keine gute Teilzeitstelle finden, denen aber ständig angeboten wird, Vollzeit zu arbeiten. Ich kenne Mütter, die sich dafür entschuldigen, "nur" 30 Stunden arbeiten zu gehen. Ich kenne Mütter, die Vollzeitstellen annehmen und dann oft fehlen, weil die Kinder krank sind. Ich kenne Teilzeit beschäftigte Mütter, die dann für die eigentlich Vollzeit beschäftigten Mütter einspringen müssen und sich ärgern, dass sie schlechter bezahlt werden, obwohl sie wohlweislich einen Vertrag mit weniger Stunden unterschrieben haben. Ich kenne junge Frauen, die Lehramt studieren, weil sie in diesem Beruf die Chance haben, nach der Geburt eines Kindes mit ganz wenigen Stunden wieder einzusteigen. Und ich kenne Mütter mit pubertierenden Kindern, die regelmäßig von ihrem Chef gefragt werden, wann sie denn endlich aufstocken, die Kinder bräuchten sie jetzt doch nicht mehr. Eine meiner Interviewpartnerinnen sagte: "Entscheidend ist doch, dass man einen Arbeitgeber findet, der es einem ermöglicht, flexibel zu sein und nur an bestimmten Tagen oder eine bestimmte Anzahl von Stunden zu arbeiten." Keine der von mir befragten Mütter fühlte sich in der Teilzeitfalle gefangen, sondern von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft unter Druck gesetzt, immer mehr zu arbeiten. Das neue Gesetz wird diesen Trend noch verstärken.